One of Those Days

02.11.2022

Schlechte Tage wie dieser sind zum Glück für mich mittlerweile selten geworden, trotzdem passiert es immer mal wieder.

Ich wollte diesen Blogeintrag zunächst nicht schreiben, weil ich dachte, er wird nicht besonders lang oder von Bedeutung, aber auch die schwarzen Schafe müssen gezählt werden und bringen Wolle. Also...

Der Punkt, an dem ich bisher nicht wirklich weiter komme, sind meine Traumata und Traumareaktionen. Ich reagiere überaus empfindlich auf Muster, die für mich auf Ablehnung hindeuten. Ich schreibe explizit nicht Ablehnung selbst, da mein Gehirn bereits auf leichteste Anspielungen reagiert, obwohl keine echte Ablehnung im Spiel ist. Es reicht ein Augenverdrehen, ein Abbrechen einer Unterhaltung vom Gesprächspartner oder ein ganz bestimmtes Seufzen. Es reicht, wenn mein Gesprächspartner die Stimme erhebt oder bestimmte Wörter wiederholt sagt. In solchen Situationen reagiere ich als erstes mit Weinen, Tränen schießen mir in die Augen und ich werde panisch. Ich versuche mich zu erklären, die Situation zu beruhigen/neutralisieren und werde manchmal wütend. Dauert dieser Zustand zu lange an, verfalle ich in eine Art "Freeze" Modus. Ich schalte ab, spüre nichts, bewege mich nur sehr langsam und zeige keinerlei Reaktionen mehr. Erst jetzt fand ich heraus, dass dies (wie ich es mir schon dachte) ein automatischer Schutzmechanismus ist, um keinen weiteren Schmerz zu spüren. Andere Schutzmechanismen hier sind das bekannte Fight or Flight (Kampf oder Flucht), Flop (Muskeln entspannen sich und reagieren nicht mehr, man sackt praktisch zusammen und ist bewegungsunfähig) und Friend (man versucht sich von einer dritten Person Unterstützung zu holen). Was ich nicht wusste, war, dass diese Schutzmechanismen eintreten, wenn ein Trauma im Spiel ist, es sind also Traumareaktionen. Traumas sind nicht explizit mit körperlicher und sexueller Gewalt verbunden. Traumas können auch aus psychischer Gewalt, Erlebnissen und Verlusten resultieren, die nicht verarbeitet werden konnten. Spannend. Ich bin also tatsächlich "Opfer" von emotionaler/psychischer Gewalt, wenn man es so benennen muss. Wiederholte Ablehnung, Ängste, schmerzvolle Emotionen.

Was habe ich bisher daraus gelernt?

Traumareaktionen dürfen gerne ausgelebt werden, wenn man sich sicher fühlt und es zulassen kann, ohne dafür verurteilt zu werden. Hat man also einen Partner/Freund, der diesen Teil von dir versteht und weiß, wie er damit umgehen soll, oder man ist mit sich alleine, in einem sicheren Umfeld, LET IT FLOW. Dieser Schutzwall ist keine bewiesene Stärke und auch nichts Gutes. Lass die Tränen raus. Aber Weinen alleine und sich weiter Panik und Schmerz einreden ist nicht die Lösung. Stattdessen versuche in solchen Momenten dich zu fragen, was genau du fühlst und warum das so ist. Erst vor ein paar Monaten, hatte ich einen solchen Moment, in dem ich tatsächlich begriff, was mit mir passierte. Warum ich so verletzt war, was früher genauso passiert ist, mit welchen Erinnerungen diese Reaktion verknüpft ist und zum ersten Mal spürte ich, dass es mir innerlich wehtat. Davor war es meistens nur Panik, weil ich nicht wusste, warum ich so reagiere und warum sich alles in meinem Kopf anfängt zu drehen. Ich fühlte endlich, nach dem Schmerz eine Erleichterung. Das ist nur ein Schritt in Richtung Heilung, aber ein Großer. Überhaupt Weinen zu können, ist für viele bereits eine große Überwindung. Dir danach im Klaren zu werden, was genau in dir passiert und was du gerade Empfindest und damals empfunden hast, ist dann ein zweiter, großer Schritt. So kannst du Stück für Stück anfangen, dein Trauma zu verarbeiten.

Was du noch tun kannst?

Du weißt vielleicht schon ein paar deiner Trigger, die solche Reaktionen bei dir auslösen. Seien es Worte, Mimik, Orte, Reaktionen anderer,... schreib sie dir auf und teile sie deinen Vertrauenspersonen mit. Sie werden nicht auf Anhieb, alle deine Trigger ablegen können. Manche Reaktionen sind auch von ihnen automatisiert und schwer zu beeinflussen. Aber sie können ebenfalls lernen, ihr Verhalten zu analysieren und abzuschwächen oder Möglichkeiten finden, Eskalationen zu vermeiden. Beispielsweise, in dem man ein Safe Word ausmacht und sich aus dem Konflikt entfernt, bis sich die Gemüter beruhigt haben. Beide Seiten lernen hier, also sei nett zu dir und auch zu deinem Umfeld. Du kannst auch vorbeugend Handeln, indem du Situationen meidest, in denen ein Trigger vorkommen kann.

Hast du trotzdem "so einen Tag" in dem du deinem Trauma einfach unterliegst, dich abschottest und die Mauer hochgezogen hast, dann ist das auch ok. Du bist einfach noch nicht bereit, mit der Größe dieser Last, im aktuellen Moment, umzugehen. Auch hier ist aber Kommunikation wichtig. Sag, wem du vertrauen kannst, wie es dir geht und warum und was das für die Person dann bedeutet. Kämpf dich nicht verbissen durch und erwarte auch nicht, dass man dich, selbstverständlich und ohne was sagen zu müssen, mit Samthandschuhen anfasst. 

Was mich angeht, werde ich auf jeden Fall noch Hilfe von einem Therapeuten brauchen, was mein Trauma angeht. Alleine sein Trauma zu bewältigen ist ein unheimlich schwieriges Unterfangen. Bestimmt nicht unmöglich, aber ich weiß, dass ich mit Hilfe besser voran kommen werde. 

Ich wünsche dir einen guten Tag und ganz viel Kraft für solche Zeiten <3

Ein Eintrag meines kreativen Journals. Diesmal hab ich mich getraut, auch eine negative Seite darin zu verewigen. Am Ende war auch die sehr ästhetisch geworden und hab mich sehr daran gefreut. Danach ging es mir definitiv ein Stück besser :) 

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